Lektion gelernt?

Leben in Beziehung

Lektion gelernt?

Der Online-Kauf eines Möbelstücks wird handwerklich zum Fiasko. Aber auch die Beziehung wird herausgefordert.

Vor einiger Zeit wollten wir unser Wohnzimmer mit einem Schrank-Regal und einem Sideboard ergänzen. Wir entschieden uns für die Bestellung bei einer Online-Schreinerei, die Möbel massgenau auf Kund:innen-Wünsche anpasst. Perfekt. Was waren wir glücklich, die Möbel mit nur wenigen Klicks bestellt zu haben. Eines gewissen Risikos waren wir uns natürlich bewusst. Aber wir haben ja grundsätzlich Vertrauen in die Menschen. Also – «no risk, no fun». Lieferung sechs bis acht Wochen? Kein Problem, so lange können wir warten.

Dass daraus knapp zehn Wochen wurden, war zu ertragen. Die corona-bedingten Lieferengpässe waren ja allseits bekannt. Nicht zu ertragen war hingegen, dass die Firma keine Aufbauanleitungen mitlieferte. Und auch nicht nachliefern konnte: Sie haben solche schlichtweg nicht, wie wir bei Recherchen aus den Rückmeldungen anderer verärgerter Kund:innen erfuhren. «No risk, no fun»? Jetzt ging uns der Spass ziemlich ab.

Wir hätten die Möbel auch mit Montageservice bestellen können. Doch dafür waren wir zu knauserig gewesen – und zu sehr von uns selbst überzeugt, dass wir das mit vereinten Kräften schon schaffen würden. Dummerweise hatten wir vergessen, dass wir uns auch früher beim gemeinschaftlichen Möbelaufbau – selbst mit Anleitung – regelmässig in die Haare gekriegt hatten. Die Verhaltensmuster hatten uns schnell wieder im Griff. Dass wir darüber inzwischen auch lachen können, half leider kein bisschen, die massiven Bretter und Wände mit den hunderten von Schrauben und dutzenden anderen Kleinteilen zu den gewünschten Möbeln zusammenzufügen. 

Was also tun? Wochenlang stand alles halb oder eher ein Achtel zusammengebaut in unserem Wohnzimmer herum. Beim Blick darauf waren wir beide zunehmend genervt – ohne uns das gegenseitig einzugestehen. Irgendwann kam heraus, dass der eine wie die andere insgeheim vom Gegenüber erwartete, dass er oder sie das Problem lösen würde.

Schliesslich sprangen wir dann doch über unseren Schatten und fragten einen Schreiner an. Bei aller Scham, die damit verbunden war, unser Anliegen zu schildern (und dadurch unsere Naivität und unsere eingeschränkten Fähigkeiten offenzulegen): Als nach zweieinhalb Stunden beide Möbel fix und fertig an der Wand standen, war die Freude einfach nur gross. Wie schön, wie praktisch, wie perfekt für den Raum.

Und wie blöd waren wir eigentlich gewesen, diesen Schritt nicht schon vor Wochen gemacht zu haben? Wir sind uns einig: Ego hin oder her, ab jetzt werden wir uns schneller Hilfe holen, wenn wir gemeinsam nicht weiterkommen. Ob das auch für andere Lebensbereiche gilt?

Text: Hella und Gregor Sodies