Gesundheitskosten tragbar machen

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Gesundheitskosten tragbar machen

Die steigenden Kosten im Gesundheitswesen bleiben ein ungelöstes Problem. Der Sozialethiker Thomas Wallimann skizziert zur Abstimmung über die Prämienentlastungsinitiative Entscheidungshilfen.

Krankenkassenprämien sind das spürbarste Element der Gesundheitsversicherung – für Gesunde wie für Kranke. Im Gegensatz zu Steuern macht das System der Kopfprämie vorerst keinen Unterschied, ob jemand viel oder wenig verdient oder besitzt. Alle bezahlen gleich viel. Diese Lösung hatte schon immer Schattenseiten – vor allem für kleine Einkommen. Der Anstieg der Kosten im Gesundheitswesen belastet nun immer mehr auch mittelgrosse Haushalte.

Hier will die Prämienentlastungsinitiative der SP Schweiz, dass Krankenkassenprämien noch maximal 10 % des verfügbaren Einkommens betragen dürfen. Kosten, die darüber hinausgehen, müssen zu mindestens zwei Dritteln vom Bund, zum Rest vom jeweiligen Kanton übernommen werden. Bundesrat und Parlament sind aufgrund der hohen Kosten dagegen. Sie schlagen in einem indirekten Gegenvorschlag eine Stärkung der schon jetzt geltenden Prämienverbilligungslösung mit weniger Kosten für Bund und Kantone vor.


Herausforderung

Das schweizerische Gesundheitswesen ist kompliziert. Die Bevölkerungsentwicklung wirkt sich aus, denn ältere Menschen belasten das Gesundheitswesen stärker, und die Schweiz wird immer älter. Zudem sind neue Technologien meist sehr teuer. Der Mangel an Fachpersonal ist immer noch gross und eine hauptsächlich ökonomische Ausrichtung im Gesundheitsverständnis vermittelt oft falsche Anreize. Aber auch die kantonale Hoheit in Gesundheitsfragen und Finanzierung, beispielsweise bei Prämienberechnung und -verbilligung, spielt eine Rolle.

Finanziert werden diese Kosten zu fast zwei Dritteln von den Haushalten über Kopfprämien und Selbstbehalte. Bund, Kantone und Gemeinden übernehmen knapp 30 %. Verteilt wird das viele Geld anschliessend zu 50 % von Versicherungen, zu 17 % vom Staat und zu knapp 30 % durch Selbstzahlungen Betroffener.


Wegweiser

Gesundheit gehört – wie Sicherheit – zu den menschlichen Grundbedürfnissen. Gerade weil unser Leben nicht perfekt verläuft, kann man vom Gesundheitswesen immer noch etwas mehr erwarten. Wo aber wollen wir Grenzen setzen? Hier ist eine reiche Gesellschaft angesichts der Kosten für eine gute allgemeine Gesundheitsversorgung besonders gefordert. Gerade christlich motivierte Solidarität zeigt sich in erster Linie gegenüber jenen, die wenig haben und in Not geraten. Eine Gesellschaft darf deshalb jenen, die viel haben, das Teilen zumuten, damit es allen gut geht. Dafür sollen alle ihren eigenen Teil beitragen, ohne dabei überfordert zu werden. Das aktuelle System der Krankenkassenprämien und der Verbilligungen folgt einigen dieser Wegweiser, bleibt aber – beispielsweise wegen kantonal unterschiedlicher Ansätze und Fehlanreize – bruchstückhaft.


Entscheidung

Finanzierung und Geldflüsse des Gesundheitswesens sind komplex. Einfache Mittel zur Problemlösung gibt es nicht. Je nach Einschätzung von Sachlage und Wegweiser wird man abstimmen. Wer die Begrenzung der Prämienkosten wie von der Initiative gewollt als wichtigen Schritt zur Verbesserung des Gesundheitssystems sieht und die Kostenverteilung weg von den Prämienzahlenden mit mittlerem Einkommen hin zu Staat und Steuerzahlenden für zumutbar hält, wird zustimmen. Wer auf einen Ausbau der bisherigen Prämienverbilligungen gemäss indirektem Gegenvorschlag baut, wird die Initiative ablehnen.

Text: Thomas Wallimann-Sasaki, Sozialethiker, «ethik22»