Innige Liebe

Narrenschiff

Innige Liebe

Bekenntnisse eines Computer-Liebhabers und vier absolute Insider-Tipps, wie es dauerhaft klappt mit der Beziehung zum Gerät.

Es war Liebe auf den ersten Blick, als anfangs der 1980er Jahre in unserer Schule ein Computer installiert wurde. Die Programmierung einfachster Rechenaufgaben hat mich zwar endlos Zeit gekostet, aber was tut man nicht alles, wenn die Schmetterlinge im Bauch wie verrückt flattern. Diese Liebe ist all die Jahre nicht erkaltet. Sie loderte, als der Nadeldrucker quietschte. Sie hat die Floppy-Disk überwunden. Nahm das erste Modem mit einem Augenzwinkern hin. Und hat noch jeden Kabel-salat verdaut.

Meine Liebe hat mich im Laufe der Jahrzehnte viel Zeit und Geld gekostet. Und ja, ich gebe es zu, es gab auch schwere Momente. Aber meine Computer haben mir auch ganz viel gegeben. Heute kann ich aus Überzeugung und ganz universell sagen: Geräte, die ich liebe, funktionieren viel besser als Geräte, denen ich die Liebe verweigere.

Voll demütigen Stolzes bekenne ich: Ich bin ein Experte, was das Liebes-leben von Computern angeht. Und so werde ich regelmässig als Beziehungscoach gerufen: «Hast du kurz Zeit? Ich habe ein Problem mit dem Computer.» Bauchgepinselt lasse ich mich dann nicht zweimal bitten und versuche die Beziehung zu kitten. Nicht selten – ganz grosses Ehrenwort – schnurrt der Computer schon behaglich auf, wenn ich bloss meine heilenden Hände nach ihm ausstrecke. «Wie hast du das gemacht?» werde ich dann fassungslos gefragt. Ich antworte selbstzufrieden: «Mit ganz viel Liebe!» Und spüre dabei in mir ein wohliges Gefühl von Priesterlichkeit aufsteigen.

Hier und heute bin ich bereit, ein paar Grundregeln für eine gelungene Computerbeziehung zu verraten.

Erstens: Sprich gut von ihm! So wie du hineinrufst, so rechnet er heraus. Verkneif dir jedes demütigende «Sch …computer».

Zweitens: Die alltäglichen Liebesbeweise machen es aus! Kabel werden geschlauft statt geknickt. Tastaturen -regelmässig gereinigt. Und Wellness-Weekends mit Update-Anwendungen wirken Wunder.

Drittens: Zeige ehrliches Interesse! Wieder mal ein Handbuch lesen, den Warnhinweis wirklich ernst nehmen, all das tut dem Prozessor in der Seele gut.

Und viertens: Nimm ihn so, wie er ist! Auch er darf seine Ecken und Kanten haben. Gerade dann, wenn er wieder einmal einen Hänger hat, braucht er deine Geduld. Sag Ja zu ihm, wenn alle Ausdrucke Nein sagen.

Mein Bildschirm, angetrieben vom Prozessor meiner Wahl, errötet sanft und blinkt mir zu: «Ist schon gut. Ich lieb dich auch ganz doll. Kannst jetzt aufhören mit dem Gesülze.»

Text: Thomas Binotto