Verhaltenskodex gegen Missbrauch

Bistum Chur

Verhaltenskodex gegen Missbrauch

Das Bistum Chur macht mit einem neuen, sehr konkreten Verhaltenskodex ernst mit der Prävention von sexuellem und spirituellem Missbrauch. 

Der neue Verhaltenskodex soll sämtliche Formen von Missbrauch in der Kirche verhindern. Er wird von dem Bistum und den zugehörigen Landeskirchen getragen und wurde am 5. April von Bischof Bonnemain, seinen drei Generalvikaren sowie den obersten Vertretern der sieben Kantonalkirchen des Bistums unterzeichnet.

Der Kodex soll für alle Seelsorgenden, Mitarbeitenden und Führungspersonen des Bistums und der Kantonalkirchen verbindlich sein. «Der Sinn des Verhaltenskodex ist es, die sexuelle, psychische und geistige Integrität zu schützen», sagte der Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain anlässlich der Unterzeichnung des Leitwerks.

Der Kodex sei ein Beitrag zur Wahrung der Würde der Menschen, sagte Bonnemain. Er beschreibe mit konkreten Anweisungen, wie diese Würde in der Realität gewahrt werden könne. Das Ziel sei eine «angstfreie Kirche».

Der Kodex formuliere überprüfbare Qualitätsstandards, erklärte Karin Iten, Präventionsbeauftragte für sexuelle Übergriffe in kirchlichem Umfeld im Bistum Chur. Diese Standards und die damit verbundenen Verhaltensanweisungen seien so konkret formuliert, dass sie auch im kirchlichen Alltag einfach zu thematisieren seien.

Iten hatte das Konzept zusammen mit Stefan Loppacher, mit dem sie das Pensum der Präventionsbeauftragten teilt, sowie mit der kirchlichen Basis entwickelt – ursprünglich für die Zürcher Kantonalkirche. «Mit Bischof Bonnemain ist dafür eine Türe im ganzen Bistum aufgegangen», sagte sie. 


Joseph M. Bonnemain, Bischof von Chur:

«Auch ich werde einen Kurs besuchen. Ich bin überzeugt, der Verhaltenskodex hilft uns, in Freiheit und angstfrei Kirche zu leben. Wenn sich die Kirche korrekt verhält, wird auch die Freude am Leben und an der Kirche grösser. Ich versuche, immer wieder zu sagen, worum es geht: um eine lebendige, tiefe, ehrliche, tragende Beziehung zu Gott. Wenn das vorhanden ist, kann man wachsen und vieles erreichen. Der Verhaltenskodex hilft uns als konkretes Präventionsinstrument. Es geht darum, die sexuelle, physische und geistige Integrität der Menschen im gesamten kirchlichen Umfeld zu schützen. Ich bin überzeugt: Wenn sich die Menschen an den Kodex halten, schützen sie sich auch selber. Dann gibt es auch keine Gerüchte und Anschuldigungen.»

Zum vollständigen Interview mit Joseph M. Bonnemain (kath.ch)


Karin Iten, Präventionsbeauftragte im Bistum Chur:

«Die grösste Knacknuss ist die Umsetzung der ‹sexuellen Selbstbestimmung›. Im Verhaltenskodex steht: Die Sexualität hat verschiedene Sinndimensionen. Bei der Sexualität geht es nicht nur um Fortpflanzung, sondern auch um Lust, um Soziales, um Identität. Und sexuelle Selbstbestimmung heisst: Das entscheidet jede und jeder selbst. Wenn der Bischof Heterosexualität auf der Verhaltensebene als praktikabel bezeichnet und Homosexualität nicht, dann bedeutet dies einen Eingriff in die selbstbestimmte Praxis der Sexualität. Sexualität findet ja nicht nur im Kopf statt.»

Zum vollständigen Interview mit Karin Iten (kath.ch)


Text: kath.ch