Anno Domini</span><span> </span><span>1517: Nicht so schnell

Kirchengeschichte kompakt

Anno Domini 1517: Nicht so schnell

Das Bild schlechthin für die Reformation: Der widerständige Augustinermönch Martin Luther nagelt am 31. Oktober 1517 eigenhändig 95 aufrührerische Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg und löst damit einen Sturm aus.

Ein einprägsames Bild, das es in der Realität aber wohl nie so gegeben hat. Buchstäblich verbrieft ist jedoch, dass Luther am 31. Oktober 1517 an Albrecht von Magdeburg, Erzbischof von Mainz und Magdeburg, schrieb. Und diesem Brief legte er 95 Thesen bei, in denen er sich vor allem gegen den Ablasshandel wandte, dieses einträgliche Geschäft der Kirche, die Seelenheil gegen Bares verkaufte.

Der Erzbischof liess die Anfrage des noch weitgehend unbekannten Mönchs unbeantwortet. Worauf Luther die Thesen an einige Bekannte weitergab, die sie kurz darauf ohne sein Wissen weiterverbreiteten. Dass Briefe und Thesen auf diese Weise in ganz Europa geteilt wurden, war im 16. Jahrhundert nicht unüblich. Meist blieb es aber beim elitären und nicht eben rasanten Austausch unter Gelehrten.

Der moderne Buchdruck, wie Johannes Gutenberg ihn 1450 entwickelt hatte, erleichterte immerhin die Verbreitung enorm. Tatsächlich wurde von den Thesen bereits 1517 ein erster Druck verbreitet, den wahrscheinlich Luther selbst in Auftrag gegeben hatte. Der war in der Originalsprache Latein gehalten, also immer noch untauglich für die Massen.

Vermutlich noch vor Weihnachten 1517 wurden die Thesen zwar erstmals – nicht von Luther – ins Deutsche übersetzt. Massenhaft verbreitet wurde jedoch auch diese Übersetzung nicht. Viel mehr Aufsehen erzielte eine Schrift Luthers, die ein Jahr später erschien …

Text: Thomas Binotto