Anno Domini 13. Jh.: Universell denken

Kirchengeschichte kompakt

Anno Domini 13. Jh.: Universell denken

Im 13. Jahrhundert wurde Paris zum theologischen «Thinktank» Europas. 

Robert de Sorbon gründete 1257 im Quartier Latin die Universität, die nach ihm «Sorbonne» genannt wurde und bis heute besteht. Hier wurde dermassen intensiv über Theologie debattiert, dass es immer wieder zu handfesten Streitigkeiten kam. Die Stadtregierung sah sich deshalb genötigt, Ordnungskräfte aufzubauen und einzusetzen – es entstand die erste Polizei der Welt.

Einer der bedeutendsten Lehrstühle in Paris war jener der Dominikaner. Die beiden berühmtesten Gelehrten, die an diesen Lehrstuhl berufen wurden, waren Thomas von Aquin (ca. 1225 – 1274) und Meister Eckhart (um 1260 – 1328).

Diese beiden stehen für zwei der wichtigsten theologischen Strömungen dieser Zeit. So folgenreich, dass sie bis heute nachwirken. Während Thomas von Aquin die Scholastik entscheidend geprägt hat, ist Meister Eckhart ein herausragender Vertreter der Mystik. Gemeinsam haben sie das Streben nach Universalität und überschreiten deshalb bewusst die Grenzen des christlichen Denkens. Die Scholastik beschäftigt sich intensiv mit antiken Quellen, ganz besonders mit Aristoteles, und mit jüdisch-arabischen Schriften, beispielsweise mit dem islamischen Denker Averroes. Theologie wird zur Wissenschaft.

Meister Eckhart, scholastisch geschult, bricht die strengen formalen Regeln der Scholastik zunehmend auf. Er will das theologische Denken wieder verflüssigen und damit vor dem Erstarren in einem akademischen Regelwerk bewahren.

Sowohl Thomas von Aquin wie Meister Eckhart waren derart kühne Denker, dass sie auch kritisch beäugt wurden. Und beide mussten sich gegen kirchliche Verurteilungen zur Wehr setzen.

Text: Thomas Binotto