Sterne: fern und doch nah

Ausstellung

Sterne: fern und doch nah

Eine Ausstellung in der Stiftsbibliothek St.Gallen huldigt einer Faszination, die so alt ist wie die Menschheit: das Firmament mit all seinen Rätseln.

In den Handschriften der Stiftsbibliothek St.Gallen sind zahlreiche Texte zu den Gestirnen überliefert. Sie enthalten archaische Erzählungen, die bis heute faszinieren. Prominent ist die Idee, dass die Seelen der Menschen nach dem Tod zu Sternen werden. «Wir erkennen sie heute noch auf dem Hollywood Boulevard in Los Angeles, auf dem die Stars des Showbiz mit Sternen verewigt werden», sagt Stiftsbibliothekar Cornel Dora, der die Ausstellung zusammen mit Ruth Wiederkehr konzipiert hat.

«Diese schicksalhafte Verbindung von uns Menschen mit den Sternen findet sich auch in einem von Platon überlieferten Mythos, wonach jeder menschlichen Seele ein Stern entspricht», sagt Dora.

Nicht nur die Bücher, sondern auch der Barocksaal selbst kann mit Sternen aufwarten. So sind auf den Deckengemälden Darstellungen zu sehen, in denen Maria mit zwölf Sternen bekränzt ist. Dieses Motiv stammt aus dem biblischen Text der Apokalypse. Später ver-schmolz es in der Kunst mit der Gottesmutter Maria.

St.Gallen sah den hellsten Stern 

Die Mönche von St.Gallen waren sternkundig. Sie hielten ihre Beobachtungen fest und tradierten Wissen über den Lauf von Mond, Sonne und Planeten sowie zum Tierkreis. Besonders um die Wende zum Jahr 1000 sind viele Aufzeichnungen zu Seuchen, Erdbeben und ungewöhnlichen Himmelsereignissen erhalten. Sie wurden genau beobachtet, denn anknüpfend an diverse Bibelstellen konnte all dies die Wiederkunft des Messias ankündigen. 

Und so hat sich in St.Gallen ein Bericht über die Supernova von 1006 erhalten, die damals über dem Säntis beobachtet werden konnte. «Es war die hellste Supernova, die wir aus historischer Zeit kennen», sagt Ruth Wiederkehr. Diese Sternexplosion lässt sich bis heute im Universum nachweisen und regt Astronominnen und Astronomen an auf ihrer Suche nach den letzten Zusammenhängen. 

Die Ausstellung zeigt neben Handschriften und Drucken aus der Bibliothek eine weitere Besonderheit: einen Nachbau eines Globus von etwa 1020. Notker der Deutsche (um 950–1022) berichtet, dass in St.Gallen vor 1000 Jahren ein Erdglobus hergestellt wurde. Notker gibt dabei so viele Einzelheiten preis, dass er selbst als Entwerfer dieser «spera» anzunehmen ist. Anhand seines Beschriebs und weiterer Hinweise aus Handschriften gelang es, einen Nachbau anzufertigen. «Notkers Globus ist der einzig explizit bezeugte Erdglobus aus dem Jahrtausend zwischen der Antike und dem Ausgang des Mittelalters», sagt Cornel Dora.

Text: PD