«Gott ist mit den Friedensstiftern»

Bericht aus dem Vatikan

«Gott ist mit den Friedensstiftern»

Der Krieg in der Ukraine betrifft mich ganz persönlich. Ich bin mit einer Ukrainerin verheiratet und ihre Familienangehörigen leben in der Ukraine, wo Krieg herrscht. 

Die Cousine meiner Frau, ihr Mann und ihre gehbehinderte Tochter wohnten bis vor Kurzem in Mariupol in der Ostukraine. Ihr Haus wurde bombardiert. Doch sie konnten sich rechtzeitig retten und nach einer dreitägigen Odyssee-Fahrt haben sie meine Schwiegermutter in der Westukraine erreicht. Dort sollten sie hoffentlich in Sicherheit sein. 

Papst Franziskus hat von Rom aus eindringlich zu einem Ende des Krieges in der Ukraine aufgerufen. Er sei «dem Leiden des ukrainischen Volkes nahe», sagte er. Im Vatikan haben wir sofort nach Kriegsbeginn begonnen, Hilfsgüter für die Betroffenen zu sammeln. Spontan haben einige von uns in der Vatikan-Apotheke sowie im vatikanischen Einkaufsgeschäft Medizin und Nahrung für die Kriegsbetroffenen gesammelt. Über das Apostolische Almosenamt (Elemosineria) hat der Papst medizinische Hilfsgüter zur römischen Basilika Santa Sofia in Rom geschickt. Das ist meine Pfarrei, da meine Töchter dort den Sonntagskatechismus besuchen und ich mit meiner Frau die Göttliche Liturgie im byzantinischen Ritus mitfeiere. Die Kirche ist ein Bezugspunkt für die ukrainische Gemeinschaft in der Ewigen Stadt: Seit Tagen fahren von hier Lastwagen mit Lebensmitteln und lebensnotwendigen Gütern für die Menschen ab, die unter den dramatischen Folgen des Krieges leiden. Der Papst hatte bei Mittagsgebeten mit Gläubigen auf die Einrichtung humanitärer Korridore für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine gedrängt. Das unter anderem für Flüchtlinge engagierte katholische Netzwerk Sant’Egidio schloss sich der Forderung mit dem Verweis darauf an, dass die über halbe Million ukrainischer Flüchtlinge, die das Land bereits verlassen haben, nur der Anfang seien. Wer Krieg führe, vergesse 
die Menschlichkeit, mahnte der Papst. An die Aggressoren appellierte er: «Legt eure Waffen nieder! Gott ist mit den Friedensstiftern.» Für Aschermittwoch hatte der Papst weltweit einen Tag des Fastens und des Gebetes für den Frieden in der Ukraine ausgerufen.

Papst Franziskus tauschte sich auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefonisch aus. In einem Tweet erklärte Präsident Selenskyj selbst: «Ich habe Papst Franziskus da-für gedankt, dass er für Frieden in der Ukraine und für einen Waffenstillstand gebetet hat. Das ukrainische Volk spürt die geistige Unterstützung Seiner Heiligkeit.» Einen Tag nach Kriegsbeginn suchte Franziskus die Russische Botschaft beim Heiligen Stuhl auf. Wie das vatikanische Presseamt bestätigte, habe der Papst bei dem knapp halbstündigen Gespräch mit Botschafter Alexander Avdeev «seine Sorge über den Krieg zum Ausdruck gebracht».  Am selben Tag hatte der Papst in einem Tweet aus seiner Enzyklika Fratelli tutti (2020) zitiert – neben den üblichen Sprachen zusätzlich auf Russisch und Ukrainisch: «Jeder Krieg hinterlässt die Welt schlechter, als er sie vorgefunden hat. Krieg ist ein Versagen der Politik und der Menschheit, eine beschämende Kapitulation, eine Niederlage gegenüber den Mächten des Bösen.» Am 6.  März sandte der Papst zwei hochrangige Kardinäle, seinen Sozialbeauftragten Konrad Krajewski und den Migrationsexperten Michael Czerny, in die Ukraine. Deren Präsenz im Kriegsgebiet stehe für die Präsenz des Papstes und aller Gläubigen bei den leidenden Menschen.

Text: Mario Galgano